Was ist eigentlich Persönlichkeit? – Eine Definition

Persönlichkeitstests wie der Typentest können nur einen bestimmten Teil der Persönlichkeit erfassen, den man allgemein als Charakterzüge bezeichnet.

Diese Charakterzüge beschreiben das grundsätzliche Verhalten einer Person. Sie sind im Verlauf des Lebens meist relativ stabil, z.B. jemand der stark Extrovertiert ist wird nicht Introvertiert werden.

Was aber ist mit den anderen Teilen unserer Persönlichkeit, die unsere Person auch prägen? Erfahrungen, Erlebnisse usw. …

Laut Howard J. Pierce(1) besteht Persönlichkeit im wesentlichen aus vier Kategorien: Charakterzüge, Erinnerungen, Fähigkeiten und Physische Eigenschaften.
Eine Auflistung die wie ich finde sehr treffend und umfassend ist. Im Folgenden erkläre und interpretiere ich diese Kategorien etwas ausführlicher:

1. Charakterzüge
Werden im Typentest getestet und bleiben relativ stabil:  Extrovertiert-Introvertiert, Praktisch-Theoretisch, Hart-Kooperativ, Spontan-Geplant + emotionale Stabilität/Neurotizismus.

2. Erinnerungen
Was man im Lauf des Lebens erlebt hat: von den ersten Kindheitserinnerungen bis heute. Jeder sieht Dinge auf seine eigene Weise, je nachdem was er an Erlebnissen damit verbindet. Dadurch entstehen gute und schlechte Erfahrungen, Ängste, Vorlieben, Abneigungen, Gewohnheiten usw.

3. Fähigkeiten
z.B. Sprachliche, Sportliche, Zwischenmenschliche, Handwerkliche, Mathematische, Musikalische, Kreative, sowie alle denkbaren Talente und Begabungen. Hierbei unterscheidet man erlernte Fähigkeiten (z.B. Auto fahren, Japanisch sprechen oder Stricken) von natürlichen Fähigkeiten (z.B. Sprachgefühl oder Musikalität).

4. Physische Eigenschaften
Größe, Gewicht, Kraft, Ausdauer, Körperliches Erscheinungsbild, physische Stärken und Schwächen, Stimme, Haarfarbe, Augenfarbe usw.

Diese vier Kategorieren kombiniert machen eine Person aus. Sie alle zusammen ergeben die indiviuelle Persönlichkeit. Aufgrund dieser sehr vielseitigen Kategorien kann ein Persönlichkeitstest wie der Typentest oder auch wissenschaftliche Tests wie die Big Five nie eine Person vollends erfassen oder beschreiben. Was er erfassen kann, sind die grundlegenden Charakterzüge (siehe unter  1. Charakterzüge), die einen großen Teil der Persönlichkeit ausmachen und damit das Verhalten einer Person stark beeinflussen, aber auch in Wechselwirkung mit den anderen Kategorien stehen, die individuell und damit nicht testbar sind.

Doch was davon haben wir seit unserer Geburt, und was haben wir erst im Laufe des Lebens erlernt?

Es gibt zum einen Angeborenes: die Ausprägung der Charakterzüge, natürliche Fähigkeiten, physische Eigenschaften. Dann gib es Erlerntes: Erinnerungen und Erfahrungen, sowie bestimmte Fähigkeiten. Nicht ganz so klar ist, was veränderlich ist: Größe, Haar- oder Augenfarbe lassen sich an sich nicht ändern, außer durch Fremdeinwirkung von außen, z.B. durch Färben der Haare oder Kontaktlinsen. Dem ähnlich können wir auch vorgeben bestimmte Fähigkeiten oder Charakterzüge zu haben, obwohl dem nicht so ist, z.B. kann sich ein Introvertierter sehr Extrovertiert verhalten wenn er es will, aber es entspricht nicht seinem Naturell. Angelernte Verhaltensweisen wie Schüchternheit oder Prokrastination lassen sich dagegen überwinden (siehe Schüchternheit überwinden, Prokrastination), und Eigenschaften wie Empathie lassen sich in einem gewissen Rahmen steigern.

Was kann man verändern? Erinnerungen lassen sich natürlich nicht verändern, dafür kommen aber andauernd neue hinzu und alte verblassen. Kraft und Ausdauer lassen sich dagegen trainieren. Ebenso lassen sich Fähigkeiten erlernen, z.B. ein Instrument lernen und damit die Musikalität steigern, oder durch Sport und Handwerkliches die Geschicklichkeit erhöhen.
Diese Dinge fallen jemandem der bereits ein natürliches Talent dafür hat natürlich leichter als jemandem der es nicht hat. Ein einfaches Besipiel: fast jeder kann lernen Fußball zu spielen, aber lange nicht jeder kann Profi-Sportler werden. Dafür braucht es natürliche physische Voraussetzungen, angeborenes Talent und erlernte Fähigkeiten zugleich.
Fähigkeiten und physische Eigenschaften lassen sich also verändern, aber nur in einem gewissen Rahmen der Möglichkeiten. Durch Krafttraining z.B. wird man stärker, aber irgendwann ist eine Grenze erreicht an der es nicht mehr weitergeht.

Können wir auch unsere Charakterzüge trainieren? z.B. Logischer oder Fühlender zu entscheiden?

Darauf gibt es bisher keine eindeutige wissenschaftliche Antwort. Zwar weiß man einerseits das sich die grundlegenden Charakterzüge im Lauf des Lebens bei den meisten Menschen nur wenig verändern. Man hat aber noch nicht geklärt, ob man diese Charakterzüge gezielt verändern kann oder nicht.
Ich denke: man kann sie nicht grundlegend ändern, aber zu einem gewissen Maß trainieren, ähnlich wie Muskeln oder körperliche Fähigkeiten wie Kraft oder Ausdauer. Man kann zum Beispiel lernen im Beruf aufgeschlossener und Extrovertierter zu sein, oder privat weniger kontrollierend und Geplant zu agieren. Allerdings kann sich niemand grundlegend ändern. Wer schon immer höchst ungewöhnlich und Theoretisch gedacht hat, wird nie zu einem total bodenständig und Praktisch denkenden Menschen werden. Aber er kann lernen etwas praktischer zu denken, so wie z.B. ein vorwiegend Logisch entscheidender Mensch lernen kann, in bestimmten Situationen auch die Wirkung auf andere Menschen zu berücksichtigen, also Fühlend zu entscheiden etc.

Ähnliche Artikel: Berufstest, Disg, Enneagramm, Reiss Profile, wie sich Persönlichkeit im Lauf des Lebens verändert, Persönlichkeitsstörung

Quellen: (1) Pierce J. Howard, The Owner’s Manual for the Brain: Everyday Applications from Mind-Brain Research 3rd Edition, 2006

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3 Responses to Was ist eigentlich Persönlichkeit? – Eine Definition

  1. Lars Lars sagt:

    Interessant ist auch die Frage zu was Krankheiten (sowohl physische als auch psychische) zu zählen sind:
    – zu den Charakterzügen und physischen Eigenschaften?
    – zu den Erinnerungen und dem Erlebten (z.b.Verletzungen)?
    – oder sollte man sie gar bei den Fähigkeiten einordnen als negative Fähigkeiten?

  2. Hallo Lars,

    vielen Dank für das Veröffentlichen der Typentests. Es ist spannend, wie sehr meine eigene Einschätzung mit dem Ergebnis des Tests zusammen passt! 🙂

    Ich finde es wichtig, meine eigene charakterliche Prägung zu kennen – und im Alltag darauf zu achten, mit mir selbst „stimmig“ zu leben. Das Wissen um meine Charakterzüge trägt sehr zu meinem Wohlbefinden bei. Weiß ich z.B. um meinen Zug zur Introvertiertheit, brauche ich nicht mehr ständig an meiner vermeintlichen „Kontaktunfähigkeit“ zu leiden – oder daran herumzudoktern. So wird es einfacher, nicht ständig über die eigenen Grenzen zu rennen.

    Herzliche Grüße
    Petra Klafczenski

  3. Tatjana sagt:

    Ich glaube wenn man eine Charaktereigenschaft an sich selber nicht mag kann man sie von einen Tag auf den anderen ändern.Ich merke auch immer wenn ich etwas an mir mag auch wenn andere es nicht mögen dann kann ich es nur sehr schwer ändern eigentlich sogar gar nicht

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