Meine Erfahrungen übers Buch-schreiben

Das Typentest-Buch ist nun vollständig geschrieben und befindet sich aktuell im Lektorat. Zeit, ein bisschen über das Schreiben an sich zu resümieren und meine persönlichen Erfahrungen zu berichten…

Eine Menge Wörter

Für Typentest.de schreibe ich seit mittlerweile fast 11 Jahren. Das Buch zum Typentest Persönlichkeitstest habe ich in den letzten vier Monaten geschrieben. Vorher gab es ungefähr ein Jahr Vorbereitung für die Aufstellung des Konzeptes und der geplanten Inhalte. Um die Dimensionen des Projektes zu verdeutlichen: das Buch enthält insgesamt ca. 400.000 Zeichen, bzw. 57.000 Wörter. Das ist mehr Text, als alle Seiten und Unterseiten von Typentest.de zusammen – was immerhin ca. 50 an der Zahl sind (das Blog nicht mit eingerechnet). Ich habe also in vier Monaten mehr Text geschrieben wie zuvor in 11 Jahren für die Seite. Das Buch wird ca. 200 Seiten im A5 Format enthalten (entspricht ca. 300 Taschenbuch-Seiten). Die wollten natürlich erst einmal geschrieben werden. Material für den Inhalt zu finden, war aufgrund des wahnsinnig umfangreichen Themas der menschlichen Persönlichkeit allerdings nicht schwer. Ganz im Gegenteil: ich musste sogar einige Inhalte kürzen, z.B. zu Persönlichkeitsstörungen, damit es nicht zu viel wird. Diese Themen werde ich demnächst hier im Blog verarbeiten.

Perfektionismus & Aufschieben beim schreiben

Da ich für mein Leben gern aufschiebe, war Prokrastination ein echtes Problem für mich. Zwar wusste ich vorher, auf was ich mich einlasse. Aber zu wissen, wie viel Arbeit es ist und die Arbeit dann auch tatsächlich zu machen, sind natürlich zwei verschiedene paar Schuhe. Wer geht nicht lieber eine Runde Spazieren, sieht ein paar lustige Internetvideos oder unternimmt etwas mit Freunden, anstatt den ganzen Tag und Abend vorm PC zu sitzen und zu arbeiten? Das ist nur menschlich. Dementsprechend habe ich mich oft ablenken lassen. Zumindest in der Anfangszeit. Später dann weniger – ganz simpel weil die Zeit knapper wurde. Mehr als einmal (bzw. eher mehr als zehn Mal) habe ich mich zudem grob in der Zeit verschätzt und für ein Thema oder ein Kapitel nicht nur wie veranschlagt ein paar Stunden, sondern stattdessen ein paar Tage gebraucht, da es doch komplexer war als gedacht und ich alles möglichst perfekt haben wollte. Daher gibt es im Buch bei der Persönlichkeitsdimension von Spontan-Geplant auch einen kurzen Abschnitt über meine Schwierigkeiten beim schreiben, was sehr gut zum Thema passt. Danach findet sich eine ganze Ladung an Tipps gegen eben diese Prokrastination. Da konnte er sich ja gleich selbst Tipps geben, mag man sich hier denken, und es stimmt auch. Doch seine eigenen Tipps zu befolgen ist gar nicht so leicht, wie man vielleicht denkt. Denn zu wissen, was das Beste ist und es dann auch so zu machen, ist natürlich nicht das Gleiche. Zum Glück habe ich dann doch immer wieder die Kurve gekriegt (besonders im letzten Monat war das prokrastinieren eigentlich kein Problem mehr) und konnte das Buch in der von mir gewünschten, hohen Qualität, fertigstellen.

Nachforschungen: Sackgassen und Erfolge

Die Arbeit am Buch war vor allem mit sehr viel Recherche verbunden, die insgesamt ca. genau so viel Zeit – wenn nicht noch mehr – eingenommen hat, wie das schreiben. Um an allen Stellen möglichst fundierte und wissenschaftlich untermauerte Informationen bieten zu können, habe ich mehrere hundert Studien durchforstet, von denen sich auch knappe 100 als Quellenangaben mit Verweisen im Buch wiederfinden. Dazu gehörte dann auch, Inhalte wieder zu löschen oder zu korrigieren, wenn sich etwas als falsch herausgestellt hat. Oder doch nicht so war, wie ich es dachte oder es anderswo gelesen hatte. Natürlich ist es bedauerlich, wenn bei einer viele Stunden andauernden Recherche herauskommt, dass eine Aussage oder Erklärung wider Erwarten keine Grundlage hat, bzw. nicht wissenschaftlich nachweisbar ist. Aber gerade dies macht meiner Meinung nach ein gutes Buch aus: das man sich auf die Aussagen darin verlassen kann. Diese penible Recherche und Quellennachweise waren mir sehr wichtig. Denn das ist etwas, dass man in vielen populärpsychologischen oder populärwissenschaftlichen Büchern schmerzlich vermisst. Häufig ist in solchen Büchern nicht klar, ob es sich beim soeben Gelesenen nur um die persönliche Meinung und Theorien des Autors oder um überprüfbare Fakten handelt. Deswegen habe ich dafür gesorgt, das die Informationen und Erklärungen im Typentest-Buch hieb- und stichfest sind, also anhand von Studien belegbar. Wie ich finde, sind mir dabei einige wirklich verständliche und fundierte Erklärungen für an sich sehr komplexe Phänomene der Persönlichkeit gelungen. Mehr dazu dann im Buch…

Wie schreibt man ein Buch? 

Bzw. eigentlich wie ich ein Buch schreibe – denn ich kann natürlich nicht für andere sprechen. Das Buchschreiben ließ sich bei mir grob in drei Schritte unterteilen:

1. Konzept aufstellen
Hier ging es darum, was überhaupt ins Buch rein soll und wie es aufbereitet wird. Diese Phase hat bei mir schon vor ca. 1 1/2 Jahren angefangen und sich über ein gutes Jahr erstreckt. Dabei galt es zu klären: wie lang werden die jeweiligen Kapitel, was sollen sie enthalten, wie ausführlich sind die jeweiligen Abschnitte, was ist besonders interessant und hilfreich für die Leser, wie kann man es am verständlichsten erklären, etc.
Hilfe geholt beim aufstellen und definieren der Konzepte des Buches habe ich mir u.a. bei Nancy Harkey (Blog- und Buchautorin zu MBTI & Big Five, ehemalige Psychologie-Professorin) und James Reynierse (Persönlichkeitsforscher, hat einige wegweisende Studien zur Verbesserung des MBTI veröffentlicht und auch Expertise bei den Big Five). Beide konnten mir sehr wichtige Anregungen geben, vor allem was die Ausrichtung des Buches an den Big Five angeht.
Was ist der Inhalt? Das Typentest Buch enthält grob drei Abschnitte: Teil 1 sind ausführliche Erklärungen zu den großen Persönlichkeitseigenschaften nach den Big Five (IntrovertiertExtrovertiert usw., sowie erstmals beim Typentest auch Neurotizismus/emotionale Empfindlichkeit), jeweils mit kurzen Tests, Beispielen, Hintergründen, etc. Teil 2 ist ein Ratgeber mit Tipps zu allen Eigenschaften: was sind die Stärken und Schwächen, wie kann man ausgeglichener werden, wie geht man am besten mit anderen Typen um uvm. So wie Spezialthemen wie Kreativität, Schüchternheit oder die oben erwähnte Prokrastination. Teil 3 enthält schließlich Erklärungen, was denn außer diesen festen Eigenschaften noch alles zur Persönlichkeit gehört: Beruf, Geschlecht, Kultur, die eigene Lebensgeschichte (sehr spannend!), sowie die dunkle Seite der Persönlichkeit (ebenfalls sehr spannend!).
Dieses Aufstellen des Konzeptes und x-fache überdenken und überarbeiten der geplanten Inhalte war für mich der spaßigste und interessanteste Teil am schreiben. Da bin ich einfach der Theoretiker, der gerne überlegt und konzipiert. OK, es hat mir auch deswegen am Besten gefallen, weil es von allen Teilen am wenigsten mit anstrengender Arbeit verbunden war, ich gebs ja zu… Die kommt aber jetzt:

2. Recherche und Schreiben
War mit Abstand die meiste Arbeit und hat den Löwenanteil meines Zeitaufwandes ausgemacht. Fast alle Wochenenden der letzten drei Monate habe ich von Morgens bis Abends durchgearbeitet (zusätzlich zu den Werktagen, versteht sich). Ich bin wirklich froh, jetzt endlich wieder etwas Ruhe und freie Zeit zu haben und nicht den ganzen Tag einen Bildschirm ansehen zu müssen. Meist habe ich beim recherchieren nebenbei gleich Notizen gemacht oder bereits konkrete Texte fürs Buch geschrieben. Recherche und Schreiben war daher für mich eine stark in einander greifende Arbeit. Auch die Abschnitte, die ich ohne zusätzliche Recherche aus dem Kopf schreiben konnte, habe ich später mit einer Nachrecherche noch einmal überprüft. Recherche und Schreiben war insgesamt der wichtigste Arbeitsschritt, denn hier entstanden alle konkreten Inhalte und hier entscheidet sich auch deren Qualität. Ich hoffe natürlich, dass die Inhalte auch bei den Lesern entsprechend gut ankommen werden! Für mich war dieser Teil der spannendste des Ganzen, da auch ich hier noch viel Neues lernen konnte.

3. Überarbeiten
Für viele Autoren – so hört man – ist dies der schlimmste Teil. Für mich war es zwar sicher auch der am wenigsten Spaßigste, aber schlimm war er nicht. Im wesentlichen besteht er darin, das Geschriebene immer wieder und wieder zu lesen, zu verbessern, zu korrigieren und zu formatieren. Bis man irgendwann nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Meinungen von Testlesern anhören und entsprechende Abschnitte verbessern. Übrigens sind bei allen Testlesern die Inhalte positiv angekommen, so viel kann ich schon mal verraten. Was natürlich nicht heißt, dass die Texte frei von Fehlern und Verbesserungsmöglichkeiten gewesen wären. Niemand ist perfekt, ich natürlich auch nicht. Beim überarbeiten fielen viele Dinge auf, die ich vorher nicht bemerkt hatte, z.B. Wiederholungen, nicht optimale Reihenfolgen, unklare Formulierungen, zu kurze und zu lange Erklärungen, usw. Oder Überraschungen, wie z.B., dass ich überall statt Gedankenstrichen Bindestriche verwendet habe und daher alle im ganzen Buch korrigieren musste… Das geht dann alles so lange weiter, bis es irgendwann immer weniger zu verbessern gibt und man zufrieden ist. Sicher der langweiligste Teil des Ganzen. Wobei langweilig relativ ist, da zumindest mir in diesem Teil noch viele Verbesserungsmöglichkeiten aufgefallen sind, bei denen ich sehr froh bin, sie bemerkt zu haben – denn sie haben das Buch noch besser und runder gemacht.

Aktuell befindet sich das Typentest Buch im Lektorat beim Beck-Verlag. In einigen Wochen darf ich dann nochmal ran zum finalen überarbeiten und wahrscheinlich meine ganzen schrecklichen Rechtschreibfehler und grammatikalisch grausigen Satzkonstruktionen in rot angestrichen bewundern 😉

Bis es soweit ist, gibt es ein paar neue Blogartikel und frische Inhalte für die Seite!

Lars

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