Der GPOP – Alternative zum MBTI?

Der GPOP (Golden Profiler of Personality) möchte sich als Alternative zum MBTI etablieren.

Goldene Alternative oder doch nur Abklatsch?

Der MBTI (Myers Briggs Type Indicator) ist ein Persönlichkeitstest aus den 1960er Jahren, mit dessen Hilfe sich die in den 1920er Jahren von Carl Gustav Jung entwickelten psychologischen Typen einschätzen lassen. Entsprechend sind der Test und das System dahinter schon seit langer Zeit veraltet und entsprechen nicht mehr den heutigen Erkenntnissen der Persönlichkeitsforschung. Der GPOP setzt hier an und will eine modernere Version der Jungschen Typologie präsentieren. Was macht der GPOP dabei anders?

Die größten Unterschiede zum MBTI:

  • Zusätzlich zu den vier im MBTI gemessenen Persönlichkeitsdimensionen gibt es im GPOP eine Stressskala, die ungefähr der modernen Big Five Persönlichkeitseigenschaft des Neurotizismus entspricht.
  • Beim Test selbst muss man sich nicht wie beim MBTI bei jeder Frage zwischen zwei verschiedenen Aussagen entscheiden, sondern kann jede Aussage im Test auf einer Skala von 1-7 einschätzen.

Diese beiden Änderungen sind grundsätzlich begrüßenswert und stellen im Vergleich zum MBTI auch eine klare Verbesserung dar. Aber die Stressskala entspricht dann doch nur teilweise der Definition von Neurotizismus und wirkt etwas auf das alte MBTI-Modell aufgepfropft, ohne wirklich viel Mehrwert zu bringen. So gibt es zum Beispiel nach wie vor nur die klassischen 16 Typen, die zusätzliche Eigenschaft wurde einfach nur aufgesetzt und nicht ins System integriert. Man bekommt daher etwas mehr Informationen als beim MBTI, aber nicht allzu viele. Der Rest des Systems, genauer gesagt die fast 100 Jahre alten Typenbeschreibungen Jungs, sind das Gleiche wie beim MBTI, mit den gleichen, zahlreichen Fehlern und falschen Aussagen.

In der Theorie ist der GPOP zwar besser als der MBTI, da beim Test detailgenauere, siebenstufige Antwortskalen genutzt werden und zusätzlich Neurotizismus berücksichtigt wird. In der Praxis macht das jedoch keinen Unterschied, da der GPOP die veraltete Typologie von Jung unreflektiert übernimmt, ohne aktuelle Erkenntnisse zu berücksichtigen – dabei waren diese zur Zeit seiner Entwicklung im Jahr 2000 bereits allgemein bekannt. Der GPOP wirkt, als hätte sich jemand gedacht, er würde gerne Geld mit einem Lizenzsystem und teuren Tests wie beim MBTI verdienen, und hat dann kurzerhand das Gleiche in grün gemacht wie beim MBTI, mit einigen kleinen Verbesserungen. Originale GPOP Tests sind natürlich nur gegen teure Gebühr beim lizensierten GPOP-Lizenznehmer des Vertrauens erhältlich. Kostenlose Tests gibt es keine. Da der GPOP im Endeffekt jedoch fast genau das Gleiche wie der MBTI ist, kann man darauf auch getrost verzichten.

Chance zur Verbesserung vertan

Der GPOP basiert auf einem veralteten System, das mit der heutigen Persönlichkeitsforschung nur noch teilweise übereinstimmt und vor allem auch viel Unsinn als Tatsachen präsentiert. Er ist minimal besser als der MBTI, hat es aber versäumt, etwas wirklich Neues oder Besseres aus den Jungschen Grundlagen zu machen oder diese gar grundlegend zu überarbeiten. Stattdessen gibt es das alte System in neuen Kleidern. Eine fachliche Bewertung von Psychologen beschreibt ihn als veraltetes, unzureichendes Persönlichkeitsmodell.*
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Eine echte Neuinterpretation findet sich z.B. im Typentest Persönlichkeitstest, bei dem auf Basis der Big Five 32 eigene Typen eingeschätzt werden können.

Weiterführend:
Im einzigen Buch zum GPOP, Typisch Mensch – Einführung in die Typentheorie, findet sich die neue Stressskala seltsamerweise nicht, und auch eine Erklärung für ihr Fehlen sucht man vergebens. Auch siebenstufige Antwortskalen wie beim kostenpflichtigen Test sind dort nicht vorhanden. Würde nicht GPOP draufstehen, könnte es genauso gut ein Buch über den MBTI sein – was es in der Praxis auch ist. Schön sind die Zeichnungen von Werner Tiki Küstenmacher. Da die Erklärungen im Buch jedoch nicht mehr aktuellen Erkenntnissen entsprechen, aber dennoch als absolute Wahrheiten ohne Alternativen beschrieben werden („du musst entweder so oder so sein!“), kann ich das Buch definitv nicht empfehlen. Auch MBTI-Kenner werden darin nichts Neues finden, da die zwei Alleinstellungsmerkmale des GPOP im Buch gar nicht vorkommen.

Andere Persönlichkeitstests:
Enneagramm, Disg, Reiss Profile, Gallup StrengthsFinder, Chakterstärken-Test VIA-IS

Bild von Chris Martin

*Quelle: Höft, S. & Muck, P.M.. „Golden Profiler of Personality (GPOP). Deutsche Adaptation des Golden Personality Type Profiler von John P. Golden“. Report Psychologie, 7/8-2009

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2 Responses to Der GPOP – Alternative zum MBTI?

  1. Martin Schulze sagt:

    Der Test auf 16personalities.com verwendet auch die sieben Abstufungen und eine Ergänzung zur Neurotizität (-A Assertive / -T Turbulence), ist das nicht quasi der GPOP?

  2. Lars Lars sagt:

    Hallo Martin,

    Der GPOP bezieht Neurotizismus mit ein. 16personalities.com macht das ebenfalls. Die Seite macht also etwas Ähnliches, aber nicht weil sie den GPOP imitiert, sondern weil sie auch Neurotizismus mit einbezieht.

    Schöne Grüße
    Lars

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