Die Persönlichkeit von Blogautoren

Neigen Blogautoren zu bestimmten Persönlichkeitseigenschaften? Eine Studie hat genau dies untersucht.

Jeder kann schreiben. Bild von Kristina Alexanderson

Der typische Autor

Autoren und Schriftstellen wird eine ganz bestimmte Persönlichkeitseigenschaft zugeschrieben, besonders wenn sie im Bereich der Fiktion schreiben: die Kreativität. Kreativität wiederum hängt stark mit der Big Five Eigenschaft der Offenheit für neue Erfahrungen zusammen (praktisch-theoretisch im Typentest-Persönlichkeitstest): offene Menschen interessieren sich für viele verschiedene Dinge, sind neugierig, mögen geistige Betätigungen und können meist gut mit Sprache umgehen. Kein Wunder, dass Autoren in der Regel eine hohe Offenheit besitzen, beziehungsweise es andersherum Menschen mit einer hohen Offenheit häufiger zum Schreiben lockt, als Menschen mit niedriger Offenheit.

Es ist also zu erwarten, dass Blogautoren ebenfalls eine erhöhte Offenheit besitzen. In einer amerikanischen Studie wurde dies untersucht. Die Umfragewerte stammen nicht etwa von prominenten Bloggern, sondern von ganz normalen Menschen, die lediglich zum Spaß schreiben. Studenten wurden zu ihrer Persönlichkeit und ihren Erfahrungen zum bloggen befragt. Das erwartbare Ergebnis: diejenigen, die Blogs schrieben, hatten eine wesentlich höhere Offenheit für neue Erfahrungen als diejenigen, die noch nie ein Blog geschrieben hatten. So weit, so gut.

Eine Überraschung zeigte sich jedoch, nachdem die Ergebnisse nach Geschlechtern getrennt wurden: Frauen die bloggten, hatten im Schnitt erheblich höhere Werte bei Neurotizismus – der emotionalen Empfindlichkeit – als solche, die nicht bloggten. Offenbar führen eine höhere Empfindlichkeit und Vulnerabilität bei Frauen dazu, häufiger über ihre Gedanken, Erfahrungen und Meinungen zu schreiben. Frauen mit hoher Resilienz und weniger Sorgen fühlen dagegen keinen so starken Drang zum schreiben von Blogs. Bei Männern spielte dies interessanterweise gar keine Rolle: höhere oder niedrigere Neurotizismuswerte hatten bei ihnen keinen Zusammenhang mit dem Bloggen.

Die Ergebnisse der Studie sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: die Befragten waren allesamt amerikanische Studenten und die Anzahl der Blogger unter ihnen betrug nur magere 65. Das ist natürlich keine besonders hohe Zahl. Zwar sind es genug, um Tendenzen festzustellen, aber mit mehr Bloggern wäre ein wesentlich aussagekräftigeres Ergebnis zu Stande gekommen.

Das erinnert mich an eine Befragung des Autors und Bloggers Gunter Dueck, der bei der deutschen Blogger-Messe re:publica einmal zur Zusendung von MBTI-Persönlichkeitstest-Ergebnissen aufgerufen hat, woraufhin sich von 250 bei ihm eingegangenen Mails ca. 50% dem Typ INFP zuordneten (entspricht dem ITKS Träumer im Typentest).  Der MBTI ist zwar qualitativ gesehen kein geeignetes psychologisches Instrument, um stichhaltige Ergebnisse zu produzieren, aber das einer von 16 Typen 50% der Zusendungen ausmacht, ist schon äußerst ungewöhnlich und zumindest in einem gewissen Rahmen aussagekräftig. Was  diese Menschen auszeichnet, sind Introversion, Offenheit für neue Erfahrungen, kooperatives interagieren und spontanes, etwas chaotisches handeln.

Das sich so viele gleichgesinnte Menschen an einem (digitalen) Ort zusammenfinden, lässt sich dadurch erklären, dass hier mehrere verschiedene Zielgruppen zusammengetroffen sind:
1. leidenschaftliche Blogger (sonst würden sie sich nicht für eine derartige Messe interessieren), 2. Gunter Dueck Fans (sonst würden sie sich nicht seine Rede ansehen, seine Webseite besuchen und ihm eine Mail schicken), und 3. Menschen, die bereits einmal den MBTI-Persönlichkeitstest gemacht haben. Die Anzahl an Menschen, auf die alle diese drei Kriterien zutreffen, ist verständlicher Weise sehr überschaubar. Dementsprechend hoch sind die Überschneidungen ihrer Vorlieben und dadurch auch ihrer Persönlichkeiten. Höchstwahrscheinlich könnte man fast alle davon auch positiv gemeint als Nerds bezeichnen – sonst wäre kein Interesse für Blogs, Dueck und MBTI vorhanden.

Zurück zur ursprünglichen Studie: Blogschreiber zeichnen sich wie erwartet durch besonders hohe Offenheit aus und weibliche Bloggerinnen häufig durch erhöhten Neurotizismus/emotionale Empfindlichkeit. Interessant wäre nun, ob die gleichen Dinge auch auf Tagebuch-Schreiber oder zum Beispiel Twitter-User zutreffen – zwei Dinge, die dem Bloggen nicht unähnlich sind. Vielleicht werden hier zukünftige Studien Aufklärung bringen.
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Quelle:
Who blogs? Personality predictors of blogging;  Rosanna E. Guadagno, ,Bradley M. Okdie, Cassie A. Eno; Link

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