Die Wahrheit übers Lügen: nicht jeder macht es

Nach weit verbreiteter Meinung lügt jeder von uns täglich ca. zwei Mal, und wenn es nur Notlügen sind alá: „Nein, du siehst darin nicht dick aus, Schatz“. Eine aktuelle Studie kommt nun aber zu dem Schluss, dass ein großer Teil aller Menschen so gut wie gar nicht lügt, und eine kleine Mehrheit dafür sehr viel.

Bild von kygp / flickr.com

Die Lügenbarone unter uns

Statistik hat so ihre Tücken. In einer Umfrage könnte man z.B. auf den Wert kommen, dass von 100 Befragten jeden Tag insgesamt 200 Lügen erzählt werden. Das könnte nun bedeuten, dass jeder dieser Menschen im Schnitt zwei Mal am Tag lügt. In Wahrheit könnte es aber auch so sein, dass 50% der Teilnehmer überhaupt nicht lügen, und die anderen 50% dafür vier Mal am Tag. Oder vielleicht lügen gar nur 10% der Teilnehmer, dafür aber jeder von ihnen 20 Mal am Tag?

In einer US-amerikanischen Studie aus dem Oktober diesen Jahres wurden nun Menschen dazu befragt, wie oft sie lügen. 41% der Teilnehmer gaben an, sie würden gar nicht lügen, und etwa 5% der Befragten gab an, dass sie richtige Lügenbarone sind und sehr häufig lügen. Im Rahmen dieser Statistik bedeutet dies, dass 40% der Lügen von nur 5% der Teilnehmer verursacht wurden. Sehr viele Menschen sind also sehr ehrlich, und eine relativ geringe Anzahl an Menschen lügt, dass sich die Balken biegen.

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob nicht viele Menschen bei den Fragen der Studie einfach gelogen haben. Schließlich geht es um das Thema Lügen, richtig? Um dies zu überprüfen, machte man ein Experiment mit den Teilnehmern: sie nahmen an einem Würfelspiel teil, bei dem sie Geld gewinnen konnten, abhängig von ihrem Würfelergebnis. Das Spiel war so angelegt, dass niemand außer den Teilnehmern das Würfelergebnis sehen konnte, und diese daher auch über das Ergebnis lügen konnten, wenn sie wollten. Tatsächlich hatten diejenigen, die sich vorher bei entsprechenden Fragen bereits als notorische Lügner geoutet hatten, auch bessere, unrealistisch gute (also erlogene) Ergebnisse beim Würfeln – während die ehrlichen Teilnehmer realistische Werte angaben – also tatsächlich ehrlich waren.

Dies bestätigt die etwas kuriose Erkenntnis, die auch bei der Überprüfung von Persönlichkeitstests immer wieder festgestellt wird: die meisten Menschen geben bei Umfragen ehrlich an, dass sie unehrlich sind. Daher kann Ehrlichkeit auch bei Persönlichkeitstests recht treffend gemessen werden, entweder als Teil einer anderen Eigenschaft, wie Verträglichkeit bei den Big Five, oder als eigener Faktor, nämlich der Ehrlichkeit-Bescheidenheit (siehe Hexaco), zu der es auch einen kurzen Test und Erläuterungen in meinem Buch gibt.

Ebenfalls wurde in der Studie festgestellt, dass es auch Übereinstimmungen zwischen notorischem Lügen und einer Tendenz zur Psychopathie gibt. Psychopathie ist eine Persönlichkeitsstörung, deren Betroffene kein Einfühlungsvermögen oder Empathie für andere Menschen zeigen, kein normal ausgeprägtes Schuldbewusstsein haben, und kein Bewusstsein für unangebrachtes Verhalten oder Normen eines sozialen Miteinanders. Natürlich sind notorische Lügner nur selten gleich Psychopathen, aber es gibt hier durchaus leichte Zusammenhänge.

Andere Themen: Prokrastination, Altruismus, LethargieSpiegelneuronen

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