Die Top Five der Persönlichkeitseigenschaften – was uns am stärksten beeinflusst

Im wissenschaftlichen Persönlichkeitsmodell der Big Five wird erforscht, welche Charaktereigenschaften wir Menschen gemeinsam haben, und was uns voneinander unterscheidet. Dabei hat man eine „Top Five“ entwickelt, welche Eigenschaften unser alltägliches Verhalten in der Regel am stärksten beeinflussen. Hier diese Top Fünf im Typentest Persönlichkeitstest:

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Platz 1 – worauf wir unsere Energie richten

Den deutlichsten Einfluss auf uns haben die Eigenschaften Introvertiert und Extrovertiert (Extraversion in den Big Five). Sie sind so gut wie überall in unserem Verhalten sichtbar und definieren, wie wir mit der Welt im allgemeinen umgehen, worauf wir unsere Energie richten: wer introvertiert ist, verhält sich zurückhaltend, ruhig und eher passiv, richtet seine Energie nach innen, auf sich selbst; wer extrovertiert ist, verhält sich kontaktfreudig, gesellig, zeigt offen Emotionen und ist enthusiastisch, richtet seine Energie nach außen. Die Extremfälle dieser Eigenschaften kennen wir von typischen Partylöwen und Mauerblümchen, aber die meisten Menschen haben keine extremen sondern nur leichte Ausprägungen, oder finden sich genau zwischen beiden Seiten, haben also eine Balance aus beiden Eigenschaften. Das nennt man ambivertiert. Introvertierte sind übrigens nicht automatisch schüchtern, sondern Schüchternheit entsteht meist durch eine Mischung aus introvertiertem und empfindlichem Verhalten (siehe weiter unten).

Platz 2 – wie wir interagieren

Den zweitdeutlichsten Einfluss auf uns haben die Eigenschaften Hart und Kooperativ (Verträglichkeit in den Big Five). Sie definieren, wie wir mit unseren Mitmenschen interagieren und beeinflussen den Großteil unserer zwischenmenschlichen Kommunikation. Sind wir eher hart, misstrauisch, unnachgiebig und wenig rücksichtsvoll, oder kooperativ, sanftmütig und mitfühlend im Umgang mit anderen? Während extrem hartes Verhalten Zusammenhänge mit Psychopathie zeigt, finden sich bei stark kooperativem Verhalten Übereinstimmungen mit Empathie und Altruismus. Wie bei allen Eigenschaften, gibt es auch hier viele Menschen in der Mitte, die beides gleichermaßen in sich haben.

Platz 3 – wie wir leben

Auf Nummer Drei und damit in der Mitte der Einfluss-Rangliste finden wir die Eigenschaften Spontan und Geplant (Gewissenhaftigkeit in den Big Five). Die bestimmen vor allem, wie zielorientiert wir sind, und welche Einstellung wir zu Arbeit und dem erledigen von Aufgaben haben. Spontane Menschen gehen Alltag und Pflichten eher locker an, machen die Dinge so, wie sie auf sie zukommen, lassen sich leicht ablenken und sind daher oft chaotisch und etwas unzuverlässig. Geplante Menschen setzen sich dagegen gerne Ziele, arbeiten beharrlich daran diese zu erreichen, und achten dabei auf Details und Genauigkeit. Bei sehr spontanem Verhalten zeigen sich oft Probleme mit Prokrastination und Aufschieben, sehr geplantes kann dagegen zu Pedanterie führen. Doch nur wenige Menschen haben eine extrem starke Ausprägung in eine der beiden Richtungen, sondern wie bei allen Eigenschaften befinden sich die meisten in der Mitte oder neigen etwas zu einer Seite.

Platz 4 – wie empfindlich wir sind

Den viertstärksten Einfluss auf uns haben die Eigenschaften Resistent und Empfindlich (Neurotizismus in den Big Five). Sie bestimmen im Wesentlichen, wie stark wir negative Gefühle und Erfahrungen an uns heranlassen. Sind wir resistent, dann können gut mit Stress und den Widrigkeiten des Lebens umgehen, lassen uns selten aus der Bahn werfen und sind selbstsicher. Sind wir empfindlich, dann lassen wir uns dagegen deutlich von negativen Erfahrungen beeinflussen, werden immer wieder gequält von Ängsten und Sorgen, sind grüblerisch und unsicher. Diese Eigenschaft hat eine relativ klare negativ/positiv Einteilung, denn verständlicherweise ist man lieber resistent gegen Probleme, als anfällig. Sehr hohe Empfindlichkeit hängt zudem mit diversen Persönlichkeitsstörungen zusammen.

Platz 5 – wie wir denken

Den geringsten – aber immer noch deutlichen – Einfluss aller fünf Faktoren auf unser Verhalten, haben die Eigenschaften Praktisch und Theoretisch (Offenheit für neue Erfahrungen in den Big Five). Sie beschreiben, wie interessiert wir an geistigen Aktivitäten, und wie offen wir gegenüber neuen Ideen und Meinungen sind. Praktisch denkende Menschen bleiben lieber bei dem, was sie kennen, bei Traditionellem und Bodenständigen, beschäftigen sich nur ungern mit rein geistigen Aktivitäten, und sind nicht offen für Neues, Abgehobenes oder Ungewöhnliches; theoretisch denkende Menschen denken gern über den tieferen Sinn der Dinge nach, sind offen für geistige Beschäftigungen, Kreativität, Unkonventionelles und Neuartiges.

Der Kapitän und das Individuum

Diese Reihenfolge ist natürlich nicht zwangsläufig bei jedem Menschen so, sondern lediglich ein allgemeiner Schnitt, der aber recht gut auf die meisten Menschen zutrifft. Das kann individuell bei vielen aber auch anders aussehen. In meinem Buch „Menschenkenntnis – der große Typentest“ geht es daher unter anderem um den so genannten „Kapitän“ der Persönlichkeit. Das ist die Eigenschaft, die bei jemandem am stärksten von allen Eigenschaften ausgeprägt ist. Verhält sich der Kollege z.B. extrem hart, also rücksichtslos und unnachgiebig, überschattet dieses Verhalten höchstwahrscheinlich den ganzen Rest seiner Persönlichkeit, ist von allen  Eigenschaften am deutlichsten sichtbar, und beeinflusst am stärksten, wie diese Person mit anderen Menschen umgeht. Die Bekannte aus dem Tennisclub denkt dagegen z.B. extrem stark theoretisch, erzählt also sehr viel von ungewöhnlichen, neuen Dingen, ist sehr kreativ, vielseitig interessiert und besonders neugierig auf unkonventionelle Erlebnisse. Auch wenn diese Eigenschaft im Schnitt erst an fünfter Stelle steht, ist sie bei ihr am deutlichsten sichtbar (vor allem dann, falls alle anderen Eigenschaften mittig in der Balance liegen).

Bei allen Definitionen und Forschungsergebnissen dürfen wir aber das Individuum nicht außer Acht lassen. Bei Ihnen mag die Bedeutung dieser Eigenschaften eine andere Reihenfolge haben, während sie auf Ihren Partner oder Ihre Eltern vielleicht durchaus zutrifft – oder auch nicht. Solche individuellen Prioritäten sind ganz normal und machen unsere Persönlichkeit aus.

Mehr dazu im Typentest-Buch

 

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