Merkel und Steinbrück: die Persönlichkeit der Kanzlerkandidaten

Zur Bundestagswahl eine Einschätzung der Persönlichkeit der Kanzlerkandidaten im Typentest Persönlichkeitstest.

Hinweis: es geht hierbei nicht um die politischen Ansichten, sondern rein um die Persönlichkeit der Kandidaten. Aus meiner subjektiven Sicht, versteht sich. Los geht es mit:

Bild: Armin Linnartz

Angela Merkel

Angela Merkel gilt oft als Paradebeispiel einer introvertierten Person, die aber dennoch im Rampenlicht der Medien steht – ob sie das will oder nicht. Für einen introvertierten Menschen eine schwierige Situation und keine leichte Aufgabe, mit dieser massiven Aufmerksamkeit umzugehen. Bei ihrer allgemein sehr gefassten und emotionslosen Art fallen ihre seltenen, kleinen Freudenausbrüche bei Fußballspielen und ähnlichen Ereignissen natürlich besonders auf. Von vielen Deutschen wird sie allerdings auch gerade wegen dieser Zurückhaltung geschätzt, denn die kann man natürlich auch als Tugend sehen.

Im Bereich der Eigenschaften Praktisch – Theoretisch (Offenheit für neue Erfahrungen bei den Big Five) fällt die Einschätzung schwerer. Zwar zeigt sich Merkel allgemein eher etwas konservativ (z.B. ihre Einstellung zur Homo-Ehe), aber generell ist sie Neuerungen und Veränderungen gegenüber auch nicht abgeneigt. Ich schätze ihre Persönlichkeit daher mit einer leichten Tendenz zu Praktisch ein.

Außer ihrer Zurückhaltung ist Merkel vor allem auch für eines bekannt: Unnachgiebigkeit und das aussitzen von Konflikten. Sie weiß ihren Standpunkt durchzusetzen (wenn auch nicht offensiv, also extrovertiert, sondern eher defensiv und introvertiert). Andere Menschen vor den Kopf zu stoßen oder undiplomatisches Verhalten liegt ihr allerdings fern (im Gegensatz zu manch anderem Politiker, wie wir gleich sehen werden). Daher schätze ich sie in diesem Bereich als in der Balance ein, mit leichter Tendenz zu Hartem interagieren (niedrige Verträglichkeit bei den Big Five).

Eine der positiven Eigenschaften der Bundeskanzlerin ist ihre Beständigkeit. Unordentlich, chaotisch, spontan oder impulsiv erlebt man sie nie. Merkel lässt sich daher klar als Geplant lebend einschätzen (hohe Gewissenhaftigkeit bei den Big Five).

Nun wird es schwer: wir kommen zum Bereich der Empfindlichkeit/ des Neurotizismus. In ihrer Rolle als Bundeskanzlerin ist Merkel vielfältigster Kritik und ständigen persönlichen Angriffen und Verballhornungen ausgesetzt. Die steckt sie – scheinbar – ohne große Regungen weg. Sicher sagen lässt sich das allerdings nicht, denn aufgrund ihres introvertierten Verhaltens zeigt sie nicht gerade viele Emotionen nach außen. Es lässt sich nur spekulieren, was in ihr vorgeht. Wir müssen ihr also glauben, wenn sie sagt, dass sie die viele Kritik nicht so schlimm findet und meist nicht an sich heran lässt. Daher schätze ich sie als Resistent ein, denn sie zeigt kaum offene Empfindlichkeit.

Einem der 16 Typen zugeordnet, sehe ich Merkel am ehesten als IPHG Inspektor.

Bild: DTS

Peer Steinbrück, der Herausforderer

Peer Steinbrück lässt sich nicht so klar einschätzen wie Merkel. Das liegt zum einen daran, dass er einfach nicht so stark im Medienmittelpunkt steht, wie Frau Merkel – zum anderen daran, dass er, ähnlich wie sie, kein besonders extrovertierter Typ ist. Im Bereich Introvertiert – Extrovertiert schätze ich ihn deswegen als in der Balance ein, denn ganz so zurückhaltend wie Merkel ist er auch nicht. Bei Hart – Kooperativ zeigt er sich deutlich auf der harten Seite: Steinbrück sagt seine Meinung – ob das anderen passt oder nicht. Diplomatisch geht er dabei nicht immer vor, wie z.B. sein berühmt gewordenes Stinkefinger-Foto eindrucksvoll zeigt, gegen dessen Veröffentlichung er nichts einzuwenden hatte. Im Bereich Praktisch – Theoretisch fällt mir eine Einschätzung des SPD-Kandidaten sehr schwer, denn er zeigt keine auffällige Tendenz zur einen oder anderen Seite. Ich würde ihn daher vorsichtig in der Balance einordnen. Wie wir bereits festgestellt haben, hält sich Steinbrück nicht immer genau an Regeln und Etikette, sondern macht auch mal gerne sein eigenes Ding (was er auch mit seinem SPD-Vorgänger Gerhard Schröder gemeinsam hat). Ich attestiere ihm daher eine leichte Tendenz zu Spontanem leben. Wie Empfindlich oder Resistent Peer Steinbrück ist, kann ich dagegen nicht beurteilen. Da diese Eigenschaft bei den meisten Menschen am schwersten einzuschätzen ist – so lange sie keine extremen Ausprägungen hat – enthalte ich mich hier. Eine eindeutige Zuordnung zu einem der 16 Typen ist bei Steinbrück nicht sinnvoll, da er sich bei mehreren Bereichen ausgeglichen nahe der Balance findet.

Zwei nur teilweise unterschiedliche Kandidaten

Das Frau Merkel höchstwahrscheinlich Bundeskanzlerin bleiben wird, ist vorhersehbar, wenn man sich die Umfragewerte ansieht. Wer von beiden tatsächlich das Rennen macht, wird natürlich hauptsächlich durch ihre politischen Eigenschaften bestimmen, aber die Persönlichkeit der Kandidaten spielt sicher auch eine kleine Rolle. Da dürfte Frau Merkel zu Gute kommen, dass sie in vielerlei Hinsicht dem entspricht, was klischeehaft als typisch deutsche Tugenden angesehen wird: Ordnung, Beständigkeit und Verlässlichkeit.

PS: Merkels Vorgänger, Gerhard Schröder, stellt übrigens fast das genaue Gegenteil zu ihr dar und lässt sich gut mit dem Profil des EPKS Entertainer beschreiben.

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4 Responses to Merkel und Steinbrück: die Persönlichkeit der Kanzlerkandidaten

  1. KlausPeter sagt:

    Hallo,
    nur zu Information: So etwas wie eine „Balance“ gibt es nicht, zumindest nicht nach „C.G. Jung“ und diese Meinung teile ich, weil ich die Erfahrungen auch gemacht habe – und zu einer sogenannten „Balance“ kommt man eigentlich erst im „höheren Alter“.
    Man muss auch dazu sagen das die Politiker sich in der Öffentlichkeit nicht von ihrer „echten“ Seite zeigen, sondern meist angepasst. Trotzdem denke ich das Steinbrück ein EPHG Direktor ist, für mich gibt es keine Anzeichen das er „intuitiv“ denkt… und insbesondere auf älteren Fotos wirkt er eher „brav“.. typisch deutsch 🙂

  2. Lars Lars sagt:

    Ich richte mich nicht nach den veralteten Ideen von Jung. Warum sollte man danach gehen, was Jung vor 100 Jahren dachte, wenn es tausendfach aktuelle Erkenntnisse gibt die dem widersprechen und klar zeigen, dass es eine Balance gibt, genauso wie jede andere Art der Ausprägung, und dass nicht jeder Mensch einem klar getrennten Typen zuzuordnen ist? Jung war schließlich kein unfehlbarer Prophet, sondern seine Ideen wurden später genauso überworfen und verbessert wie die von jedem anderen Psychologen seiner Zeit.

  3. Hafenmufti sagt:

    Hallo,
    bin durch Zufall auf die Seite gekommen. Es ist doch bemerkenswert, dass bei aller kritischen Auseinandersetzung, welche Sie offensichtlich betreiben, Politiker der politisch eher rechter Parteien (CDU – Mitte Rechts) im Gegensatz zu Persönlichkeiten wie Herrn Steinrück als verschlossener gegenüber neuen Konzepten beurteilt werden. Es ist ja im Grunde ein alter Schuh: Was gegenüber gestellt wird ist nichts anderes als Konservativismus gegen Progressivismus, „Bewahren“ gegen „Schaffen“. Da ist es ja nicht verwunderlich, dass man als Beobachter annimmt, dass ein öffentliches Profil und eine Partei hinreichende Bedingungen für die Klassifikation von Persönlichkeitseigenschaften geben. Doch ich wäre sehr vorsichtig die Pole, welche sich in der Politik gegenüberstehen einfach so auf die Person an sich zu übertragen. Man läuft wie bei aller Typologie immer der Gefahr anheim oberflächlich zu werden, dass heißt, ein Bild, einen Eindruck und eine öffentlich transportierte Meinung (Merkel tritt ja bloß als Figur im öffentlichen Leben auf) zu beurteilen. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, ich finde das sehr spannend, die Unschärfe jedoch, mit welcher uns Personen durch Medien präsentiert werden und die permanente „Rolle“, welche sie spielen (ist übrigens bei allen Prominenten – Politiker werden wenn überhaupt nur von Schauspielern übertroffen), will uns zweifellos zu einer bestimmten Meinung verführen und auch zu (Vor)Urteilen über Typen von Personen. Nirgendwo lässt sich das besser beobachten als in den Medien, speziell in Filmen, in welchen mittlerweile auch Schauspieler ausgesucht werden um einen gewissen „Typus“ zu bedienen, welcher eben auch durch optische Erscheinung, Gestik, Mimik etc. erschaffen und zwangsläufig kopiert wird. Soweit sind wir bei Politikern Gott sei Dank noch nicht, doch die Gefahr, Pixel und ihre Zusammensetzung als valide Hinweise auf Eigenschaften des Menschen aufzufassen, ist meines Erachtens ein schwieriger Schritt, eine Art gestörter Vermittlung von Information, welche nicht direkt, sondern über ein Medium geschieht, auf dessen anderer Seite kein Mensch, sondern das Bild eben eines gewissen Typen Mensch Existenz hat. Einschätzung ist deshalb kaum bis überhaupt nicht möglich, zumindest keine, welche der Wirklichkeit entspricht. Es widerstrebt mir Ihre Mühen zu kritisieren, nur ich sehe in so einer Art der Auseinandersetzung ein generationstypisches Verhalten widergespiegelt, welches eine Erklärung für die Wirklichkeit nicht aus eigener Erfahrung, sondern aus fremder Quelle bezieht, von welcher man nie wissen kann, von wem genau sie warum inszeniert wurde.

    Ein Beispiel: Wenn mir in der Stadt ein altbekannter Macker begegnet, mit Blingblingkettchen, G-Star Raw und aalglattem Haar, wie er breitbeinig und haarig präsentierter Brust durch die Straßen stapft, dann habe ich zwei Möglichkeiten ihn alltagspsychologisch zu beurteilen: Entweder er ist was er scheint, hart im Interagieren, Extrovertiert (wahrscheinlich) und praktisch (man vermutet ja keinen „Denker“ mit Silberhalskettchen). Oder ich urteile: Er verhält sich nach einem bestimmten Typus, da er sonst keine Existenz hätte. Was würde der gleiche Mensch tun, wenn du ihm seine Muskeln, sein (eventuell) gutes Aussehen, seine schicken Klamotten, etc. nehmen würdest und ihn computergebleicht mit langen Haaren und Black Sabbat T-Shirt neu in die Welt schicken würdest? Er würde sich zweifelsohne anders verhalten, er wäre ein ganz anderer „Typ“, er müsste sich neu „verkaufen“ um Existenz zu haben. Und gerade diese Typen werden grundsätzlich durch Medien wie Film und Fernsehen vermittelt. Man könnte auch anders sagen, es gibt den „Rollenindikator“, welche „Rolle“ spielst du? Als „was“ verkaufst du dich? Ich kann persönlich sagen, dass ich durchaus auch schon temporär als Direktor auftreten musste, zum Beispiel beim Unterricht, welchen ich an einer Schule gab. Ganz einfach, da es nötig war Disziplin zu vermitteln und eben keinen Raum für Spekulationen zu lassen, schlichtweg da es die Situation erforderte. Genauso war ich temporär mittelloser Träumer, welcher sich in Phantastereien verstrickte und ungeplant wohltätig über das Elend der Welt sinnierte. Ich möchte keineswegs die Seite kritisieren, da sie vielen Menschen sicherlich hilft sich selbst einzuordnen, jedoch fällt es mir schwierig insbesondere Klassifikationen von Schauspielern (gerade dieser Beruf) ernst zu nehmen, da das Rollenverständnis natürlich vorschreibt, dass bestimmte Schauspieler bestimmte Rollen zugeordnet bekommen, damit sie eben dann als Identifikationsfigur dienen können. Dass „Bruce Willis“ ein harter Praktiker, bzw. Brad Pitt ein gewitzter Schelm und Johnny Depp den träumerischen Chameur mimt hat viel eher etwas mit geschickter Verkaufstaktik der Medien, als mit den Menschen hinter dem Glamour zu tun, da bin ich mir fast sicher 🙂

    Lg
    Hasenmufti

  4. Lars Lars sagt:

    Hallo Hasenmufti (oder Hafenmufti)?

    Danke für deinen ausführlichen Kommentar, Kritik sehe ich immer gerne. Natürlich stellt sich gerade bei Politikern die Frage: vertreten diese ihre eigene Ansicht oder die der Partei? Wider besseren Wissens muss ich davon ausgehen, dass es zumindest größtenteils auch ihre eigenen Ansichtne sind, sonst wären sie nicht in der entsprechenden Partei. Das ist bei sämtlichem Journalismus über Prominente nicht anders: man kann sie nur daran beurteilen, was man von ihnen sieht, vielleicht mal hier und da einen Blick hinter die Kulissen erhaschen. Ich gehe davon aus, dass sich nur sehr wenige Menschen (ob prominent oder nicht) jahrelang komplett verstellen, was ihre Persönlichkeit angeht – denn das geht normalerweise nicht gut und wirkt vor allem nicht authentisch, siehe Britney Spears und andere Retortenstars. Das sie von ihren Managern und Imageberatern dennoch oft in anderem Licht präsentiert werden, ist klar. Ob ein Bushido privat wirklich so ein hart interagierender Kerl ist, wie er tut, weiß ich nicht. Da er sich ausnahmslos so präsentiert, muss ich allerdings davon ausgehen, dass er sich größtenteils mit dieser Rolle identifiziert und sein authentisches Selbst zumindest in der Nähe dieses Bildes ist.
    Ich finde die Einschätzung von prominenten (oder fiktiven Personen) nicht nur aufgrund des offensichtlichen Unterhaltungswertes wichtig, sondern auch darum, um den Menschen anschauliche Beispiele für Persönlichkeitseigenschaften zu geben. Eine Angela Merkel verhält sich ganz anders als ein Stefan Raab, das ist für jeden sichtbar und kann anhand der Persönlichkeit zu einem guten Teil erklärt werden.

    Schöne Grüße
    Lars

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