Die Typen von Führungskräften

Die britische Unternehmensberatung Ashridge hat eine Studie über 22.000 europäische Manager veröffentlicht.

Anhand eines MBTI Persönlichkeitstests wurde analysiert, welche Typen bei Managern und Führungskräften am häufigsten vorkommen. Dazu gehören Führungskräfte aller Ebenen bis hoch zu Firmenchefs.

Die häufigsten Typen von Managern

Der am häufigsten vorkommende Typ war dabei ganz klar der EPHG Direktor (ESTJ im englischen, siehe Vergleichstabelle) mit 22,5 % aller Teilnehmer. Das heißt, fast ein Viertel aller Manager und Führungskräfte sind EPHG.

Darauf folgen ETHG Kommandeur mit 15 %, IPHG Inspektor mit 14,2 % und ETHS Erfinder mit 11,2 %.

Die vier im Management am seltensten vorkommeden Typen sind ITKS Träumer, ITKG Psychologe, EPKS Entertainer und IPKS Genießer. IPKS ist bei Managern der seltenste Typ mit nur 0,6 % aller Befragten.

Die häufigsten Eigenschaften von Managern

Führungskräfte haben eine ganz klare Neigung zu Hartem interagieren. Von den vier häufigsten Typen interagieren alle hart und von den vier seltensten Typen alle Kooperativ.

Bei der Studie zeigte sich, dass 85 % (!) aller teilnehmenden Führungskräfte eine Präferenz für hartes interagieren hatten. In der normalen Bevölkerung ist diese Verteilung dagegen etwa 50/50.

Interessanterweise sind sogar die weiblichen Führungskräfte zu 75% hart interagierend, obwohl in Statistiken zur normalen Bevölkerung Frauen mehr kooperativ als hart sind.

Das zeigt, dass hartes interagieren eine typische Eigenschaft von Führungskräften ist: egozentrisches, profitorientiertes denken, harte Entscheidungen treffen, Konflikten nicht aus dem Weg gehen und die eigene Meinung gegen andere vertreten. Empathisches Verhalten fehlt dagegen leider vielen Führungskräften.

Weitere Eigenschaften von Managern

Etwas schwächer, aber immer noch sehr deutlich ausgeprägt sind die Neigungen von Führungskräften zu Extroversion und Geplantem leben.

Nun lässt sich aus so einer Studie natürlich nicht sagen, ob es vornehmlich logisch denkende, extrovertierte und geplant lebende Menschen zu Führungspositionen hinzieht,
oder

ob Menschen in Führungspositionen sich durch diesen Job in ihrem Verhalten verändern und dadurch logischer denken, extrovertierter werden, etc.

Denn im Artikel Wie sich die Persönlichkeit im Lauf des Lebens verändert haben wir gesehen, dass sich Persönlichkeitseigenschaften im Lauf des Lebens – angeregt durch verschiedene Lebensereignisse und Anforderungen – verändern können. Wenn auch nicht komplett, so bewegen sie sich durchaus in die eine oder andere Richtung.

Dies könnte auch bei Führungskräften der Fall sein: durch die Anforderungen an eine Führungskraft bewegen sich deren Persönlichkeitseigenschaften mehr in die entsprechende Richtung.

Ist hartes interagieren also das optimale Verhalten eines Managers?

Nicht unbedingt. Die Studie zeigt nicht, welche Eigenschaften die Besten für Führungskräfte sind, sondern welche am häufigsten vorkommen. Sie zeigt, dass Führungskräfte stärker hart interagieren als andere Menschen, bzw. das Durchsetzungskraft und das beharren auf den eigenen Interessen in der Führung wichtige Eigenschaften sind.

Allerdings dürfte niemand abstreiten, das moralisches Handeln, Rücksichtnahme auf andere, Kompromissbereitschaft und Entgegenkommen ebenfalls wichtige Eigenschaften sind, wie z.B. auch der Artikel und die Diskussion zu Ehrlichkeit & Bescheidenheit gezeigt hat.

Führungskultur

Im Management werden also deutlich Extrovertierte, Geplante und vor allem hart interagierende Menschen bevorzugt, da diese Eigenschaften der allgemeinen Führungskultur entsprechen.

Zumindest in großen Unternehmen. In kleinen Familienunternehmen dürfte dies vielleicht wieder etwas anders aussehen. Leider gibt es keine Studien hierzu, da z.B. Handwerksbetriebe oder Gaststättenbetreiber wesentlich seltener an Coachings und Fortbildungen teilnehmen als große Unternehmen.

Trotz der deutlichen Tendenz bei Führungskräften zu bestimmten Persönlichkeitseigenschaften, heißt dies nicht, dass andere Typen nicht auch gute Führungskräfte sein können (oder wollen).

Im Gegenteil wäre es sogar wünschenswert, dass es eine größere Vielfalt bei den Persönlichkeitseigenschaften von Führungskräften gibt.

Denn bei aller Begeisterung für die typischen Managereigenschaften darf man nicht vergessen, dass – auch in der Führung – stets alle Eigenschaften gebraucht werden:

  • Auch Extrovertierte müssen ab und zu Introvertiert innehalten und zu sich selbst finden.
  • Hart Interagierende müssen auch die Kooperative, zwischenmenschliche Komponente berücksichtigen.
  • Geplant lebende müssen auch mal Spontan locker lassen und sich nicht nur auf ein Ziel versteifen.
  • Praktisches und Theoretisches denken müssen zu einer ausgewogenen Mischung aus Bewahrung der (Firmen)Tradition und Schaffung von Innovation führen (mehr dazu im Interview mit mir von Svenja Hofert).

Niemand sollte sich also darauf versteifen, als Manager nur mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften Erfolg haben zu können, denn alle Eigenschaften werden gebraucht, wenn auch einige in der Führung stärker als andere. Entscheidend ist, alle Eigenschaften entsprechend nutzen zu können.

Details zur Ashridge-Studie und weitere Studien

Hier noch einige Hinweise zur Studie und ein Vergleich zu ähnlichen Studien:

Die Daten der Ashridge-Studie wurden innerhalb der letzten 10 Jahre im Rahmen von MBTI-Tests bei Coachings und Fortbildungen der Ashridge Unternehmensberatung in Firmen verschiedener Branchen erhoben. Der Großteil der Daten (52%) stammt von Managern aus Großbritannien. Deutschland war mit 2.132 Teilnehmern und damit ca. 10% allerdings ebenfalls stark vertreten. Bei der Verteilung zeigten sich nur geringe Unterschiede zwischen den Managern in verschiedenen Ländern. In Deutschland machten EPHG’s z.B. satte 30% aller Manager aus, statt 22,5% im europäischen Vergleich, die restliche Verteilung war aber recht ähnlich.

Da es beim MBTI Persönlichkeitstest nur entweder/oder Fragen und -Ergebnisse gibt, liefert die Studie leider keine Anhaltspunkte zur Stärke der Ausprägungen bei den Befragten, sondern nur dazu, zu welcher Seite sie eher neigten.

Eine deutsche Statistik* von Bernd Wildenmann aus dem Jahr 2000 mit 450 Managern und einem MBTI-ähnlichen Test lieferte sehr ähnliche Ergebnisse:
auch dort war der EPHG mit 24,9 % der häufigste Typ, gefolgt vom IPHG. Bei der weiteren Verteilung gibt es einige Unterschiede, die aber nicht gravierend sind, z.B. hatte der EPHS Macher dort 9,3 % und war damit auf Platz 3 (im Vergleich zu 6,7 % in der Ashridge Studie).

In einer Zusammenfassung verschiedener Big Five Studien* zeigten sich zum Teil ähnliche Ergebnisse: Führungskräfte waren im Schnitt Extrovertierter, Offener für neue Erfahrungen, Gewissenhafter und weniger empfindlich (=weniger neurotisch).
Mit Verträglichkeit gab es allerdings kaum Übereinstimmungen, was daran liegen dürfte, dass Verträglichkeit in den Big Five etwas anders definiert wird als Thinking/Feeling im MBTI.

Ergänzung des Artikels anhand einer Studie aus 2013:

In einer Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 wurde an der Uni Augsburg untersucht, was die Persönlichkeit von Spitzenmanagern ausmacht. Analysiert wurde anhand von Big Five und MBTI Tests. Warum hier neben dem aktuellen Forschungsstandard der Big Five im Jahr 2013 auch der zu diesem Zeitpunkt bereits total veraltete MBTI zu Rate gezogen wird, ist etwas fraglich, liegt aber wahrscheinlich daran, dass er aufgrund seines rein kommerziell angelegten Modells und der aggressiven Vertriebspolitik nach wie vor häufig in der Wirtschaft genutzt wird – auch wenn eher davon abzuraten ist.

Ergebnisse der 2013er Studie: Manager sind meist extrovertierter, also kontaktfreudiger und lebhafter als der Durchschnittsmensch.  Ebenfalls hat sich eine Neigung zu Offenheit für neue Erfahrungen und damit Kreativität gezeigt, was notwendig ist um Visionen und Konzepte zu entwickeln. Auch Gewissenhaftigkeit hat sich als wichtig erwiesen. Bei dieser Eigenschaft geht es darum , zielstrebig zu sein, am Ball zu bleiben und sich nicht von seinen Aufgaben ablenken zu lassen. Diese beiden Eigenschaften sind jedoch nicht so stark vorherrschend wie die zuvor gennante Extraversion.

Eine weitere bedeutende Eigenschaft von Spitzenmanagern ist – und hier wird es interessant – Narzissmus. Eine gewisse Selbstverliebtheit in die eigene Person und Fähigkeiten gehört wohl dazu, um in der Führungsetage erfolgreich zu sein. Narzissten stehen gerne im Mitteplpunkt, brauchen ständig die Aufmerksamkeit und vor allem die Anerkennung ihrer Mitmenschen und präsentieren sich selbst gerne im allerbesten Licht.
Bei dieser Eigenschaft ist jedoch Vorsicht geboten, immerhin zählt stark ausgeprägter Narzissmus als ernsthafte Persönlichkeitsstörung, die Leid für die Betroffenen verursacht und eine ärztliche beziehungsweise psychologische Behandlung erforderlich macht. Extreme Selbstverliebtheit führt dazu, ein geringes Selbstbewusstsein zu haben und komplett abhängig von und süchtig nach der Anerkennung anderer zu sein. Narzissten können manipulierend sein, ein verzerrtes, egozentrisches Bild der Realität haben, nicht in der Lage sein vernünftig mit Kritik umzugehen und zu Größenwahn neigen.
Auch wenn eine Prise Narzissmus in der Führungsetage beruflich von Vorteil sein mag, ist eine narzisstische Neigung dennoch ein zweischneidiges Schwert, das auch nach hinten losgehen kann.

Zusammenfassend lässt sich anhand der Studie aus dem Jahr 2013 sagen, der durchschnittliche deutsche Manager unterscheidet sich von Otto-Normal-Bürger hauptsächlich durch höhere Extraversion, und des weiteren durch erhöhte Offenheit für neue Erfahrungen, erhöhte Gewissenhaftigkeit und einen Hang zur Selbstliebe, dem Narzissmus.

 

Zum Typentest Persönlichkeitstest.

Ähnliche Themen: Berufstest, DISG, Reiss Profile, Persönlichkeitstests im Beruf Die 8 Regeln des Erfolgs, Ambivertierte sind die besten Verkäufer

*Quellen:
– Ashridge MBTI Research into Distribution of Type (2nd edition); Carr, M., Curd, J., Dent, F., Davda, A. & Piper, N.; 2011
– Wildenmann Bernd, Die Persönlichkeit des Managers, 2000, Verlag für Angewandte Psychologie Göttingen
– Personality and leadership: A qualitative and quantitative review.; Judge, Timothy A.; Bono, Joyce E.; Ilies, Remus; Gerhardt, Megan W.; 2002
– Persönlichkeitsmerkmale von Spitzen-Managern: Anhand des Myers-Briggs-Typindikators und des NEO-Fünf-Faktoren Inventars; Christian Mai, 2013

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4 Responses to Die Typen von Führungskräften

  1. Pingback: Wie Rationalisten- und Idealisten im Berufslebem bestehen | Karriereblog von Svenja Hofert

  2. Gilbert sagt:

    Kann es sein, dass E*TJs sich im Karrierekampf einfach besser durchsetzen, als tolerante Introvertierte? Die E*TJs kommen als intelligent rüber, als meinungs- und durchsetzungsstark und können schnell ohne viel Abwägen entscheiden. Dass da oft viel heiße Luft und Fehlentscheidungen bei rauskommen, ist eine andere Sache 😉 Eine sich langsam selbst in Deutschland durchsetzende Führungskultur, die auch nach Zuhören und Einbindung des Teams in Entscheidungen verlangt, sorgt hoffentlich für etwas mehr Diversität.

    Ich selbst muss auch mein Verhalten z.T. ändern: Ich kann nicht nur mit dem Flow gehen, muss auch planen, schnell entscheiden, einfordern und mal extrovertiert auf Leute zugehen. Das kann man alles lernen, aber es wird die Präferenzen eines Menschen kaum ändern.

  3. Lars Lars sagt:

    Hi Gilbert,

    Ja, die Durchsetzungskraft spielt da mit Sicherheit eine entscheidende Rolle und damit die Eigenschaften Extroversion und Logisches, „hartes“ denken. Das sieht man auch daran, dass die Introvertierten & Fühlenden Typen die am seltensten vorkommenden sind.
    Eine größere Diversität mit mehr zuhören und stärkerer Einbindung der Mitarbeiter ist absolut wünschenswert.

  4. Winfried Wirzberger sagt:

    Hallo Gilbert

    Ich würde dazu sagen:
    Toleranz ist meist nicht zielführend wenn es darum geht ein bestimmtes vorher festgelegtes Ziel zu erreichen.
    Toleranz beinhaltet die Komponente von seinem eigenen Standpunkt zugunsten den Bedürfnissen anderer Menschen abrücken zu können.
    Seinen eigenen Standpunkt zu verlassen ist nicht immer damit vereinbar ein festgelegtes Ziel zu erreichen.
    Ein Problem kann natürlich sein dass ExTJ – aus meiner Perspektive, bin ja kein TJ – Entscheidungen überhastet fällen und nur widerstrebend Pläne abändern falls sich Rahmenbedigungen verändern sollten.
    Ich kann natürlich nicht für alle Leute des Typs ExTJ sprechen.

    Der Colonel gegen den der Protagonist Jake im Film Avatar kämpft halte ich z.B. für ESTJ / EPLG. Er kann seinen eigenen Standpunkt nicht ändern da dies im Widerspruch zu seinem feststehenden Ziel steht.

    Als ETLS muss ich gestehen dass ich xTLG Typen besser verstehe als xPLG Typen.

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