Gibt es Typen?

Gibt es Typen wirklich? Lassen sich Menschen klar einem psychologischen Typen mit vier Eigenschaften zuordnen?

Komische Frage. Wenn es keine Typen gäbe, was soll dann der Typentest Persönlichkeitstest?

Tatsächlich ist es aber so, das diese Frage mit einem Jein beantwortet werden muss:

Ja, es gibt Typen, also Menschen, die sich in allen vier Eigenschaften eines Typen wiedererkennen (z.B. ITKS Träumer).

UND

Nein, nicht jeder Mensch lässt sich klar einem Typ zuordnen. Viele Menschen sind bei einer oder mehreren Eigenschaften genau in der Mitte (z.B. bei introvertiertextrovertiert, wo man dies als ambivertiert bezeichnet) und können sich nicht klar einer Seite zuordnen. Dementsprechend erkennen sie sich in mehreren oder keinem Typen wieder.

Das heißt also:
Für die Einen passt ein Typ, für die Anderen nicht. Es ist dabei völlig OK, wenn man sich nicht klar zuordnen kann oder in mehreren Typen wiederfindet (z.B. auf der Arbeit und Privat unterschiedliches Verhalten zeigt). Das geht vielen Menschen so.

Warum lässt sich nicht jeder Mensch klar einer Eigenschaft zuordnen?

Hierzu müssen wir etwas in die Theorie gehen, denn die Antwort  auf diese Frage finden wir in der Statistik. Bei der so genannten Bell-Kurve. Bell ist englisch für Glocke, denn die Kurve hat ungefähr die Form einer Glocke.

Im Rahmen des Typentest (und auch bei MBTI, Big Five oder Reiss-Profile) bedeutet die Bell Kurve, das die meisten Menschen ungefähr in der Mitte der beiden gegenüberliegenden Seiten einer Eigenschaft liegen. Je weiter man nach außen kommt, also je stärker eine Eigenschaft ausgeprägt ist, umso weniger Menschen gibt es mit dieser starken Ausprägung.

Hier ein Beispiel der Verteilung anhand von Introversion – Extroversion.

Die meisten Menschen liegen ungefähr in der Mitte, nur wenige haben extreme Ausprägungen auf einer der beiden Seiten. D.h. es gibt z.B. viele Menschen mit leichter oder mittlerer Introversion, aber nur wenige mit sehr starker.

Man spricht hier von einer normalen Verteilung. Normal deswegen, weil die meisten Menschen in der Mitte, also im „normalen“ Bereich liegen.

Daher gibt es natürlich auch viele Menschen, die genau oder sehr nah am Mittelpunkt sind und sich daher nicht für eine Seite entscheiden können. Das heißt, sie können sich in dieser Eigenschaft nicht klar einem Typen zuordnen (also z.B. xTKS, statt ITKS Träumer oder ETKS Komiker).

Beispiel: Susanne ist deutlich extrovertiert. Sie ist stärker extrovertiert als die meisten anderen Menschen.

Peter dagegen ist introvertiert, aber nur leicht auf der introvertierten Seite. Er liegt in dem Bereich, in dem die meisten Menschen liegen. Allerdings ist er nicht genau am Mittelpunkt, d.h. er schätzt sich eher introvertiert als extrovertiert ein und kann sich daher einem introvertierten Typen zuordnen.

Nicht jeder ist ein deutlicher Typ:

Beim MBTI und anderen Persönlichkeitstests hört man oft die Behauptung, dass jeder Mensch klar einem – und nur einem – Typ zuzuordnen ist (auch wenn er bei manchen Eigenschaften genau in der Mitte liegt). Man geht dort davon aus, dass es die Typen in jedem Fall real gibt und jeder Mensch genau einem und nur einem Typen entspricht.

Wenn dies wirklich so wäre, müsste die Verteilung der Menschen bei den Eigenschaften allerdings nicht wie die Bell-Kurve (siehe oben) aussehen, sondern müsste in zwei Seiten aufgeteilt sein, was man bipolar nennt. Im Fall einer bipolaren Verteilung wären nahezu alle Menschen ganz klar und zweifellos einem Typen zuzuordnen, wie im Beispiel unten Introvertiert und Extrovertiert, und nur ganz wenige wären unentschieden oder ausgeglichen in der Mitte.

Beispiel: eine  bipolare Verteilung (entspricht nicht der Realität).

Ein simples Beispiel für eine bipolare Verteilung ist z.B. das Geschlecht,  also Männer und Frauen. Hier sind fast alle Menschen deutlich einer Seite zuzuordnen (wobei es selbst dort Menschen in der „Mitte“ gibt, sogenannte Intersexuelle). Bei der Persönlichkeit funktioniert dies jedoch anders.

Eine bipolare Verteilung entspricht nicht der Realität: in der Realität liegen die meisten Menschen ungefähr in der Mitte einer Eigenschaft, siehe Bell-Kurve. In allen Studien* (siehe z.B. Quellen) zu allen Persönlichkeitstests – egal ob MBTI oder Big Five – zeigt sich die Verteilung nicht bipolar (=zweigeteilt), sondern in einer Bell-Kurve (=die meisten Menschen sind in der Mitte).

Sind die Typen daher nutzlos?

Nein, denn zum einen gibt es nur wenige Menschen, die bei allen Eigenschaften genau in der Mitte liegen, siehe die (un)durchschnittliche Persönlichkeit: es ist unwahrscheinlich, dass jemand bei allen Eigenschaften genau in der Mitte liegt, denn es ist normal, nicht in allem normal zu sein.
Zum anderen ist es natürlich interessant, in welche Richtung die Tendenz eher neigt: bin ich leicht introvertiert oder leicht extrovertiert, und damit z.B. etwas extrovertierter als die meisten anderen Menschen? Bin ich eher im Durchschnitt oder tendiere ich stark zu einer Seite? Und dann gibt es natürlich noch Menschen, die sich dennoch in allen oder den meisten Eigenschaften deutlich einschätzen können, denn schließlich liegt bei weitem nicht jeder genau im Durchschnitt. Es ist also hilfreich zu wissen, zu welcher Seite man eher neigt und wo man ausgeglichen ist. Ebenfalls hilfreich ist es zu wissen, bei welchen Eigenschaften man die stärksten Ausprägungen hat, also am weitesten vom Durchschnitt entfernt ist.

Fazit

Ja, es gibt Typen, und Nein, nicht jeder Mensch ist genau ein Typ. Man sollte nicht versuchen, sich selbst und andere krampfhaft einzuschätzen, wenn eine Einschätzung nicht eindeutig ist, sondern stattdessen den Mittelweg suchen und sich in mehreren verschiedenen Typen wiederfinden.

Zum Beispiel gibt es  I-Typen für introvertiert, E-Typen für extrovertiert und Typen in der Mitte, die beide Eigenschaften ungefähr gleich stark in sich haben.

 

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*Beispielstudien:
– Cautionary comments regarding the Myers-Briggs Type Indicator.; Pittenger, David J.; 2005
– Bimodal score distributions and the Myers-Briggs Type Indicator: fact or artifact?, Bess TL, Harvey RJ., 2001
– Reinterpreting the Myers-Briggs Type Indicator From the Perspective of the Five-Factor Model of Personality, Robert R. McCrae, Paul T. Costa Jr., 1989

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2 Responses to Gibt es Typen?

  1. Das ist ja gerade das Spannende. Außerdem würde der eine oder andere Mensch situationsbedingt die gleiche Frage unterschiedlich beantworten.

  2. Pingback: Persönlichkeitstypologie, MBTI und “Alle anderen sind doof.” | dem Dobi sein Blog

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